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01.05.2022

Es werde LÜCHTENHOF

Letztes Jahr vor 700 Jahren fand der LÜCHTENHOF seine erste urkundliche Erwähnung. Hier wurden einst die Lüchten (die Kerzen) für die Prozessionen gezogen. Für jene, die sich aufmachten, durch die Gassen dieser Stadt zu wandeln, sie in Lücht zu wandeln.  

Wir haben uns verwandelt, wie ein Haus sich verwandelt, in welches ein Gast eingetreten ist.

Rainer Maria Rilke

Nach all den vielen Jahren hat uns dieser Ort eingeladen ihn neu zu lesen. Vielmehr, uns lesen zu lassen von ihm. Wieder in den Prozess zu gehen, wieder zu wandeln. So haben wir ihm an Mariä-Lichtmess seinen Namen zurückgegeben, mit einer Feier, die wir coronabedingt erst am 30. April begehen konnten; aus „Tanz in den Mai“ wurde „Tanz ins Lücht“.

Fotos: Stephanie Brall & Euromediahouse

Ankommen & Lauschen

Wie in einer Prozession sind wir am 30. April durch die Gänge des LÜCHTENHOF gewandelt: das Team des LÜCHTENHOF, Verantwortliche des Bistum Hildesheims sowie Vertreter:innen aus Stadt und Kultur; in kleiner Runde wegen Corona. Empfangen wurden wir von experimentellen Melodien von Felix Blohmer an Saxophon und Loop-Station entlang Antonio Vivaldis "Vier Jahreszeiten".

Schauen & Pflücken

Eine nach dem anderen sind wir durch die Gänge des LÜCHTENHOF gewandelt und haben von den Wänden Worte und Drucke gepflückt von Menschen aus allen Zeiten. Nicht wenigen wurden sie für einen Moment zu Weggefährt:innen.

Siebdruckmotive: Ann-Kathrin Blohmer & Felix Blohmer / Installation: Stephanie Brall

Färben & Werkeln

Gemeinsam mit dem LÜCHTENHOF-Team färbten wir im Kapitelsaal Lüchten. Wir tauchten die Kerzen in alle Farben des Lebens, keine wie die andere. Dann schlugen wir die dicken Kerzen in Seidenpapier ein, für Zuhause. Die schmalen Kerzen nahmen wir mit in die Kirche.

Feiern & Lüchten

Aus der Lüchten-Werkstatt traten wir hinaus ins Freie und vor dort hinein in die Seminarkirche, die einst Mariä-Lichtmess-Kirche hieß. Dort empfingen uns Improvisationen zu Vivaldis "Vier Jahreszeiten" von Angelika Rau-Čulo am Klavier, Michael Čulo an der Orgel und Felix Blohmer, der digital an die Kirchenwände zeichnete. Stephanie und Dirk Brall widmeten dem Ort das Gleichnis von den "Vier Jahreszeiten". Anschließend verlasen die Gäst:innen die Worte, die sie in den Gängen zuvor gepflückt hatten. Wie eine Antwort auf jene Stimme, die damals wie heute durch alle Zeiten ruft: Es werde lücht. Dabei entzündeten wir unsere Lüchten, die wir zuvor gefärbt hatten und schenkten dem Ort gemeinsam seinen Namen zurück: LÜCHTENHOF. Felix Blohmer zeichnete die Kerzen an den Wänden weiter und fügte ihnen Glockengeläutet von oben hinzu, während Stephanie Brall Strophen aus "Amazing Grace" summte. Bischof Dr. Heiner Wilmer sprach den Segen und wir wandelten weiter in den Speisesaal.

Verweilen & Teilen

Die anschließende Feier bei Brot und Salz, Wein und Brause, Kerzenschein und Feuer ging bis in einen neuen Morgen hinein.

Wir können nicht sagen, wer gekommen ist, wir werden es vielleicht nie wissen, aber es sprechen viele Anzeichen dafür, dass die Zukunft in solcher Weise in uns eintritt, um sich in uns zu verwandeln, lange bevor sie geschieht.

Rainer Maria Rilke

Noch
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